Fräulein reist: Morristown, New Jersey
Für meine Hobbys reise ich oft und quer durchs Land, öfters auch ins Vereinigte Königreich. Zugegeben, bis in die Staaten treibt es mich allein schon aus finanziellen Gründen eher selten, aber Ausnahmen bestätigen bekanntlich die Regel. Im Rahmen eines kleinen Musikertreffens verschlug es mich Ende Juni daher nach Morristown, New Jersey, ein entzückendes und sehr neuenglisches Städtchen etwa 45 Minuten von New York City entfernt.
Ich gebe zu: Wirklich viel gesehen habe ich in Morristown nicht, zumindest nicht, was über ein oberflächliches „Wie reizend“ hinausgeht. Schließlich war ich wegen eines Events da, das ich nun wirklich nicht verpassen wollte. So blieb am Ende nur ein einziger Tag, um sich das Örtchen anzuschauen und Eindrücke zu sammeln. Was im Nachhinein wirklich schade ist.
Ich mag es, wenn mich meine Wege an Orte führen, die der gemeine Reisende nicht unbedingt auf dem Schirm hat und die entsprechend kaum Touristen sehen. Man bekommt ein Stück vom Land zu Gesicht, das den meisten Reisenden verborgen bleibt, und das weniger aufpoliert und aufgehübscht für seine Gäste daherkommt.
Morristown zu beschreiben, ist nicht leicht. Es ist eine Kleinstadt, in manchen Belangen schon beinahe klischeehaft, aber dabei sehr weltoffen – im Zuge des Pride Months trugen selbst die örtlichen Kirchen Regenbogenbeflaggung. Überall fanden sich Schilder, nicht nur die sexuelle Orientierung, sondern auch Herkunft und Hautfarbe sei völlig egal. Gerade im Hinblick auf den aktuellen US-Präsidenten schien das wie eine Form von zivilem Widerstand. Morristown ist fest in der Hand der Demokratischen Partei.
Gleichzeitig aber hat Morristown auch einen Frauenverein, bei dessen Clubhaus man halb erwartet, im nächsten Moment Emily GIlmore durch die Tür kommen zu sehen. Auch die Architektur ist bunt gemischt. Manches ist historisch, manches historisierend, einiges versprüht Wild West-Flair und dazwischen gibt es ganz schnöde, schmucklose moderne Bauten. Die US-Flagge weht an jeder Straßenecke, die Bürgersteige sind breit und gepflegt, und die verschiedenen Grünflächen machen New Jerseys Beinamen „The Gaden State“ alle Ehre. Für einen außenstehenden Europäer könnte es kaum amerikanischer sein. (Es sei denn vielleicht, irgendwo würde noch ein Rodeo stattfinden.)
Ich hätte gerne mehr Zeit für dieses Städtchen und seine Umgebung gehabt. Schon der Anflug auf Newark International ließ mich staunen – Wälder, soweit das Auge reichte. Klar, wir alle wissen, dass Neuengland für seinen Indian Summer bekannt ist, und natürlich habe ich für meinen Roman auch ein Stück New Jersey recherchiert. Aber so viel Grün hätte ich weiter nördlich vermutet, und nicht in quasi direkter Nachbarschaft zu New York City.
New Jersey gilt ja immer ein bisschen als der ungeliebte Stiefbruder von New York City. Völlig zu unrecht, finde ich. Ich will auf jeden Fall wiederkommen.
1 Kommentar
Sandra
18. Juli 2017 at 14:05Oh, das ist aber auch wirklich eine süße Stadt! Danke für den Reisebericht und die schönen Fotos!