Das Weihnachtswunder oder: Ich stricke einen Pullover
Wenn man mir vor drei Monaten gesagt hätte, dass ich einen tragbaren Pullover stricken könnte, hätte ich vermutlich laut gelacht. Sehr laut gelacht. Und jetzt stehe ich hier, wir haben Februar 2021, und ich habe einen Pullover gestrickt. Sie glauben, diese Geschichte sei wahr?
Da haben Sie völlig recht. Sie ereignete sich im Winter 2020/2021 im Ruhrgebiet.
Here we go again
Über mein kompliziertes Verhältnis zum Stricken habe ich ja schon mal geschrieben – es ist eine Mischung aus dem Wunsch, es zu können und der Angst, zu versagen. Ja, es macht Spaß, ich zu sein.
Diese Angst vor größeren, anspruchsvollen Projekten war es bisher immer, was mich schließlich wieder vom Stricken abgebracht hat. Denn irgendwann hatte ich mehr Mützen gestrickt, als ein einzelner Mensch je brauchen kann, und meine Freunde ebenfalls versorgt, und eigentlich wollte ich ja sowieso immer bloß Pullover stricken können. Besonders so schicke Old Timey-Pullover, oder zumindest ein paar schöne, verspielte Sachen.
Beim Versuch, Ravelry durchzuspielen, stieß ich irgendwann auf die Designs von Petite Knit, und war auf der Stelle verliebt. Völlig entzückt schickte ich den Link zum Sunday Sweater meinen strickenden Freunde und sagte “Das will ich einmal stricken können!”, worauf sie nur meinten “Das kannst du jetzt schon”. Und nachdem ich mich hingesetzt und das durchgedacht hatte beschloss ich, es tatsächlich anzugehen.
Augen zu und durch
Das Design stellte sich als wirklich nicht so schwer heraus, denn im Prinzip musste ich nur rechte und linke Maschen können, und die hatte ich dank intensiven Mützen stricken bereits drauf. Den Rest erklärte mir die Anleitung, oder verlinkte mich zu entsprechenden Tutorials. Es schien so … machbar.
Natürlich machte ich Fehler, verlor unterwegs Maschen, strickte versehentlich Löcher rein oder interpretierte Schritte völlig falsch (was wiederum zu dem glücklichen Zufall der enormen Puffärmel führte, die im Strickmuster eigentlich nicht vorgesehen sind, die ich jetzt aber auch nicht mehr missen möchte). Ich ließ mir Zeit, machte alles in meinem Tempo und manchmal lag der Pullover tagelang nur rum, während ich den Mut sammelte, den nächsten furchteinflößenden Abschnitt zu wagen.(Für die Ärmel die Maschen zwischendurch auf Restfaden zu parken, hat mich drei Jahre meines Lebens gekostet – pro Arm).
Um den Pullover fertig zu stricken, habe ich über einen Monat gebraucht, was möglicherweise auch an den überdimensionalen Ärmeln gelegen hat. Dann noch schnell die Löcher flicken – hust – und dann legte mir eine meiner strickenden Freundinnen nahe, den Pullover einweichen und zu spannen, was ich tat und tatsächlich nochmal für eine bessere Passform sorgte.
Und jetzt sitze ich hier und habe in meinem Schrank bei den gekauften Pullovern einen selbstgstrickten liegen, mit den schönsten Ärmeln der Welt.
Das nächste Projekt wartet bereits. Vielleicht packe ich heute Abend die Maschen auf die Nadel.
(P.S.: Falls ihr das Strickmuster auch benutzen und die Mega-Puffärmel des Verderbens haben möchtet: Wenn es an die Ärmel geht, wird die Anleitung euch bitten, schrittweise Maschen zuzunehmen, und zwar am Ende der Reihe zwei Stück, alle fünf Zentimeter. Ihr könnte es aber auch wie ich machen und versehentlich stattdessen eine Reihe lang abwechselnd eine rechte Masche stricken und eine dazunehmen, und dann einfach glatt rechts weiterstricken bis der Ärmel lang genug ist.
Am Ende müssen dann nur für das Bündchen in zwei Runden statt einer die Maschen zusammengestrickt werden, damit ihr wieder auf die richtige Maschenanzahl für das Ärmelbündchen zu kommen. Also ganz easy 🙂 )