Die Wahrheit übers Bücher schreiben
Es gibt ein paar Wahrheiten über das Bücher schreiben, die dir niemand sagt. Meistens gar nicht aus böser Absicht, sondern weil das Autorendasein in Deutschland immer noch als eine Form der Alchemie gesehen wird. Wir denken an Goethe und Schiller und glauben, dass man entweder schreiben kann, oder eben nicht, und dass Talent reicht, um erfolgreich zu werden. Ganz so leicht ist es dann leider nicht. Tatsächlich ist das Bücher schreiben und das Veröffentlichen von Geschichten eine oft ziemlich frustrierende, undankbare Angelegenheit.
Und weil mit jeder neuen Generation neue junge Menschen heranwachsen, die davon träumen, Autor*innen zu werden, gibt es jetzt ein paar harte Fakten, die ich gerne direkt am Anfang gehört hätte.
Man kann vom Bücher schreiben nicht leben
Um das als allererstes aus dem Weg zu haben – Schreiben ist in der Regel keine Tätigkeit, von der man gut leben kann. In den letzten Jahrzehnten hat sich die Buchwelt zu einem immer stärker umkämpften Markt entwickelt, in der für Midlist-Autor*innen – also jene Schreibende, deren Bücher weder totale Flops noch reißende Bestseller sind – kaum noch Platz bleibt. Das macht die Verlage entsprechend nervös.
Die Tantiemen und Vorschüsse sinken, und die Schnelllebigkeit des Buchmarktes tut ihr Übriges, um neue Titel schnell wieder von der Bildfläche zu schieben. Die meisten Autor*innen, wenn sie nicht gerade zufällig Bestseller-Autor*innen sind, verdienen sich ihren Lebensunterhalt anders und schreiben nebenbei.
Klar gibt es immer Ausreißer – Leute, die in gesuchten Genres veröffentlichen wie z.B. Thriller oder Krimis, werden es vermutlich leichter haben als z.B. Fantasy-Schreibende. Auch kommt es darauf an, wie viel man pro Jahr veröffentlicht bekommt, und wie gut das Marketing funktioniert. Aber die bittere Wahrheit ist: Die meisten Autor*innen können nicht alleine vom Schreiben leben.
Als Frau hast du es schwerer
Ich höre schon den Aufschrei der männlichen Autorenzunft, dass das nicht stimmt aber lasst euch gesagt sein: Es stimmt. Für Fischer Tor habe ich vor ein paar Jahren schon mal einen Artikel darüber geschrieben, warum gerade Autor*innen es in der Verlagswelt schwerer haben. Struktureller Sexismus greift überall, und wenn du als Frau schreibst wirst du vermutlich immer wieder damit zu kämpfen haben, nicht ernst genommen zu werden.
„Du schreibst ja gar nicht wie eine Frau“ ist ein Kompliment, das niemand von uns hören will. Autorinnen werden eher in bestimmte Schubladen geschoben als Männer, und bekommen als Dank deutlich weniger Aufmerksamkeit. Oft werden Romane von Frauen auch von Haus aus als weniger gehaltvoll erachtet, und bei Preisen geflissentlich ignoriert.
Niemand wartet auf dein Buch
Auch wenn sich manche Autor*innen so benehme (und in der Regel genau die, die eben keinen Bestseller nach dem nächsten raushauen): Die Welt hat nicht auf dich und dein Buch gewartet. Die Chance, dass sich eine Agentur oder ein Verlag innerhalb eines Tages mit Freudentränen in den Augen anrufen wird und dir mit zitternden Händen einen Vertrag anbietet, sind relativ gering. Du musst dir immer im Klaren darüber sein, dass die Verlagsbranche ein Geschäft ist und sich die größeren Verlage selten an Experimente wagen. Es geht um Profit, und in der Nahrungskette stehst du als Autor*in immer an letzter Stelle. (Darum ist es gut, sich von einer Agentur vertreten zu lassen.)
Du musst damit klarkommen können, dass vieles über deinen Kopf hinweg entschieden wird. Mitspracherecht beim Cover und beim Titel sind nicht immer gegeben, Erscheinungstermine werden verschoben und wieder verschoben. Eein Verlag, der sich erst total für deinen Roman begeistern konnte, macht dann doch einen Rückzieher, wenn es schließlich um das tatsächliche Einkaufen des Buches geht.
Als Autor*in braucht man in der Verlagswelt viel, viel Geduld und eine hohe Frustrationsschwelle. Und man muss lernen, Dinge nicht persönlich zu nehmen. Eine Absage muss nicht immer bedeuten, dass dein Buch schlecht ist, sondern dass der Verlag oder die Agentur auf dem Markt dafür keine Chance sehen.
Veröffentliche nicht deinen allerersten Roman
Schreiben ist zum kleinen Teil Talent und Leidenschaft, und zum großen Teil Handwerk. Wenn du der festen Überzeugung bist, jetzt schon großartig zu sein und nichts mehr lernen zu können, dann … ja, dann weiß ich ehrlich gesagt auch nicht. Viel Glück, schätze ich?
In Deutschland hält sich stur die Annahme, Schreiben sei pures Talent und Genie, wenn es in erster Linie ein Handwerk ist, das erlernt werden muss. Das bedeutet viel Lesen und viel Schreiben, und dankbar zu sein, wenn deine Beta-Leser*innen oder Lektor*innen dir deine Geschichten brutal auseinanderpflücken (siehe: Man muss lernen, Dinge nicht persönlich zu nehmen.)
Tausche dich mit anderen Autor*innen aus, versuche beim Lesen von Büchern darauf zu achten, was dir am Stil gefällt oder nicht, lese ein paar gute Ratgeber, und arbeite an deiner Schreibe. Und glaube mir, wenn ich dir sage, dass dein erster fertiger Roman, so stolz du auch vermutlich darauf sein wirst, vermutlich Müll ist. Das ist völlig okay. Mein erster fertiger Roman ist Müll (obwohl ich ihn immer noch liebe).
Ich kenne einige Autor*innen, die voller Begeisterung ihren ersten Roman im Selbstverlag herausgebracht haben und am Ende völlig verzweifelt waren, weil es schlechte Rezensionen hagelte. Lass dir Zeit, dein Handwerk erst zu lernen. Autor*in zu werden, ist kein Wettrennen.
Bücher schreiben: Die gute Nachricht
Klingt alles ziemlich ernüchternd, oder? Die gute Seite ist, wenn du das alles gelesen und verinnerlicht hast und trotzdem noch immer Bücher schreiben und veröffentlichen willst, weil du dir nichts Schöneres vorstellen kannst, bist du auf einem guten Weg. Ein weiser Mensch sagte einmal, Autor*innen sind Autor*innen, weil sie nichts anderes sein können. Es gibt tausende Wege, sich das Leben leichter zu machen. Wer trotzdem schreiben will, der kann einfach nicht anders.
Autor*in zu werden und Bücher zu veröffentlichen, ist kein Sprint sondern ein Marathon. Die gute Nachricht ist, man kann für einen Marathon trainieren und ihn erfolgreich absolvieren. Wenn Autor*in zu sein nach diesem Blogpost noch immer dein Traum ist, lass es dir von niemandem ausreden.
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4. Oktober 2024 at 10:22[…] sind oft echt introvertierte Leute. Wir sitzen gerne zuhause, schreiben unsere Bücher und trinken Kaffee, wahlweise Tee. Unser Gesicht auf TikTok oder Instagram in die Kamera zu halten, […]