Leipzig: Das bessere Berlin
Man sollte meinen, dass ich es alleine schon wegen der Buchmesse in meinem Leben mal nach Leipzig geschafft hätte. Tatsächlich war das auch immer wieder der Plan, der dann immer wieder scheiterte, und als ich endlich – endlich – wirklich alles für einen Messebesuch geregelt hatte, schlug die Pandemie zu.
Insofern hatte ich einen Besuch in der Messestadt für die nächsten Jahre erstmal abgeschrieben, bis ein paar befreundete Autorinnen und ich beschlossen, dass man sich trotz abgesagter Messe in Leipzig treffen könnte. Welch wagemutiger Plan! Andere Menschen? Nach über zwei Jahren Selbstisolation? Für mehr als zwei Stunden am Stück? Faszinierend.
Leipzig: Terra Incognita
Ehrlich gesagt, hatte ich zu Leipzig wenig konkrete Vorstellung, denn wie gesagt, ich war noch nie da. Mein Wissen beschränkte sich auf die Existenz der Buchmesse und, dass es dort einen sehr schönen Zoo geben sollte.
Und dann hatte mich Leipzig praktisch sofort. Allein schon dieser imposante alte Bahnhof (so etwas gibt es bei uns im Ruhrgebiet ja praktisch nicht)! Aber auch die von Altbauten gesäumten Straßen – denn auch die gibt es bei uns kaum noch. Aber in Leipzig? Altbau soweit das Auge reichte. Für mich als bekennende Liebhaberin solcher Häuser war Leipzig ein wahrer Augenschmaus.
Sogar unser Ferienapartement befand sich in einem Altbau mit dem imposantesten Hausflur samt Wohnungstür, die ich je gesehen habe. Doch auch jenseits davon habe ich mich vielleicht ein klein wenig in die Stadt verliebt.
So kiezig, halt
Möglicherweise lag es an dem Viertel, das wir uns ausgeguckt hatten (Lindenau), aber Leipzig fühlte sich ein wenig an wie das coolere Berlin. Wie Berlin, bevor es komplett gentrifiziert und von Investment-Firmen aufgekauft wurde.
Mein Kollege, gebürtig aus Leipzig, hatte mich schon vorgewarnt, dass Leipzig eine linke Hochburg sei, und das merkte man zumindest in Lindenau deutlich. Die Straßen sind voll mit kleinen alternativen Läden und Cafés, man fährt viel Fahrrad, und bei einigen Kneipen weiß man nicht so recht, ob man dort wirklich reindarf, oder ob man den Besitzer und das Geheimwort kennen muss. Am Karl-Heine-Kanal lässt es sich wunderbar spazierengehen, und der Palmengarten (der keine Palmen hat) ist ebenfalls fußläufig zu erreichen.
Neuer Lieblingsbuchladen inklusive
Außerdem befand sich unweit unserer Ferienwohnung der bezaubernste Buchladen, den ich in meinem Leben je betreten habe. Auf winzigstem Raum bietet die Inhaberin hier ausgewählte deutsche, englische, spanische und französische Bücher an, und ist dabei so herzlich und mit Ledienschaft bei der Sache, dass man gar nicht anders kann, als etwas zu kaufen. (Für so eine kleine Ladenfläche ist der Buchladen unglaublich gut sortiert, ich kam gar nicht mehr aus dem Staunen und Quietschen raus.)
Von den Sehenswürdigkeiten in Leipzig, die man sich als Tourist™ ansehen soll, habe ich glaube ich praktisch nichts gesehen. Schließlich mussten meine Freundinnen und ich nach so langer Zeit auch einfach viel zusammensitzen, quatschen und Cards Against Humanity spielen. Aber es tat einfach gut, zu reisen, neue Eindrücke zu bekommen und neue Orte zu entdecken. Darum gibt es diesmal aber keine selbst geschossenen Reisefotos.
Ich muss ja auch noch was aufheben für das nächste Mal, wenn ich nach Leipzig komme. Und das wird garantiert passieren.
(Andere großartige Trips an andere Orte wurden bei dem Treffen übrigens auch geplant. Ich hoffe, dass 2023 möglichst viel davon stattfinden kann. Man hat in den letzten zwei Jahren ja völlig vergessen, wie schön es einfach sein kann, andere Menschen um sich herum zu haben.