Fräulein liest: „The Jasmine Throne“ – Tasha Suri
Manchmal kann mir ein Buch richtig gut gefallen, und ich brauche trotzdem ewig, um es zu lesen. So ging es mir mit The Jasmine Throne von Tasha Suri. Das ich wirklich sehr, sehr gerne gelesen habe. Und trotzdem Wochen dafür brauchte.
Vielleicht lag es daran, dass die Autorin, die in dem Buch geschickt indische Mythologie und Geschichte einwebt, auf dem ersten Blick zwar eine sehr simple Geschichte erzählt, auf dem zweiten Blick aber … ganz schön harten Tobak mitbringt.
The Jasmine Throne
Zuerst zur Handlung: Parijatdvipa ist ein Vielvölker- und Großreich, das erfolgreich alle anderen Königreiche um sich herum erobert hat. Den einzelnen Regionen wird mehr oder minder eine eigene Verwaltung zugestanden, doch das ändert nichts an ihrem Besatzungsstatus. Die Sprachen, Bräuche und Religionen der Minderheiten sind verboten, besonders im rebellischen Ahiranya, in dem einst besonders mächtige Magier ansässig waren.
Die junge Priya ist ein ehemaliges Tempelkind, das nun im Haushalt des lokalen Statthalters als Dienstmagd arbeitet. Ihre magischen Fähigkeiten verschweigt sie—ohnehin kann sie sich nur noch bruchstückhaft an ihre Vergangenheit erinnern. Das ändert sich, als Prinzessin Malini in den ehemaligen Tempel ins Exil verbannt wird. Malini hatte gegen ihren tyrannischen Bruder, den Kaiser des Großreiches, rebelliert. Als Priya ihr als Dienerin zugeteilt wird, entwickelt ihre Freundschaft und zaghafte Romanze eine Explosionskraft, mit der niemand gerechnet hätte. Zusammen könnten sie Malinis anderen Bruder auf den Thron verhelfen und Ahiranya befreien – wenn sie sich trauen.
Weltenbau für Fortgeschrittene
„The Jasmine Throne“ ist der Auftakt einer Trilogie und lässt den Leser*innen Zeit, sich zuerst mit dem ausgeklügelten Weltenbau, den komplexen Figuren und dem Magiesystem vertraut zu werden. Obwohl Magie durchaus eine tragende Rolle spielt, liegt der Fokus der Geschichte immer auf den Figuren, ihre Loyalitäten und Verstrickungen untereinander. Was mit besonders an dem Buch gefallen hat, war die überwiegend weibliche Besetzung.
„The Jasmine Throne“ ist ein sehr feministisches Buch, macht dabei aber nicht den gängigen Fehler, in den Not Like Other Girls-Trope zu fallen. Alle Protagonist*innen und weibliche Nebenfiguren sind in sozialen Strukturen (mal mehr und mal weniger misogyn) gefangen, innerhalb derer Grenzen sie agieren und Fäden ziehen. (Persönlich hasse ich ja nichts mehr als das Klischee des armen unglücklichen Mädchens, das beschließt, Pirat zu werden weil sie nicht wie andere Mädchen ist und das tun will, was Jungs tun. Figuren, die sich innerhalb ihres sozialen Status bewegen und deswegen tricksen und erfinderisch sein müssen, finde ich wesentlich spannender.)
Komplex und vielschichtig
Durchweg alle Figuren sind wunderbar komplex und vielschichtig, mit teils widersprüchlichen Gefühlen und sehr menschlichen Schwächen. Dabei verlässt sich die Autorin wiederum nicht darauf, dass es schon reichen wird, alle männliche Figuren als Unsympathen darzustellen. In „The Jasmine Throne“ fühlen sich alle Figuren gleichermaßen vielschichtig und menschlich an. Selbst der erklärte Antagonist des Buches, der tyrannische Kaiser Chandra, ist offensichtlich nicht bloß aus schierer Einfallslosigkeit böse, sondern hat psychopathische Tendenzen, für die er nichts kann und die sich in religiösem Fanatismus manifestieren.
Insgesamt ist „The Jasmine Throne“ der Auftakt einer Trilogie, der sich Zeit nimmt, die Figuren und die Welt einzuführen, und verhältnismäßig wenig Action hat. Mir persönlich hat das sehr gut gefallen, auch wenn ich das Buch – vielleicht wegen der mangelnden Action – nicht innerhalb weniger Tage weggeschnupft habe. Möglicherweise ist es aber auch ein Buch, für das man sich ein wenig Zeit nehmen sollte.
„The Jasmine Throne“ – Fazit
Ich hatte mit „The Jasmine Throne“ und Tasha Suris Schreibstil jedenfalls eine wundervolle Zeit, und werde die folgenden Bände ganz sicher auch noch lesen. Wer auf der Suche nach einer nicht-eurozentrischen Fantasy ist, in der ziemlich viele coole Frauenfiguren sich die Klinke in die Hand geben und es eine sapphische Romance gibt, muss nicht weiter suchen. „The Jasmine Throne“ ist das richtige Buch für euch.