Bücher Handarbeit

Hörbücher, Stricken & ich

Die Geschichte der Hörbücher ist eine Geschichte voller Missverständnisse – zumindest was mich betrifft. Es fällt mir schwer, mich auf Hörbücher zu konzentrieren, wenn ich noch etwas anderes dabei tue, was mich zu der Erkenntnis führte, dass ich am besten Hörbücher höre, deren Inhalte ich schon kenne. Soweit so gut. Nur, wann sollte ich dafür die Gelegenheit haben?

Spulen wir ein paar Wochen vor, und wir kommen zu der Wiederentdeckung des Strickens. Ja, ich sitze immer noch fleißig jeden Tag mit meinen Nadeln auf der Couch und versuche meinen Plan, mir eine Wintergarderobe zu stricken, in die Tat umzusetzen. Das Problem: auch dabei kann ich mich schlecht auf Filme oder Serien konzentrieren. Erst recht nicht, wenn ich sie nicht kenne und/oder dabei Untertitel lesen müsste. (Bisher habe ich leider weder Koreanisch, noch Japanisch oder Mandarin durch bloße Osmose lernen können. Ein Unding.)

„Fernsehen ist ja auch so eine Art Hörbuch – oh.“

Da saß ich also strickend vor dem Fernseher und zappte durchs Programm und dachte: “Ich bräuchte etwas, das ich schon kenne. Wo ich nur zuhören muss. Quasi wie ein Hörbu–”

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Reader, I am no smart woman. Hörbücher! Hörbücher waren die Lösung! Also zündete ich eine Kerze an (nicht für die Hörbücher, sondern weil ich Kerzen mag), und suchte mir was passendes zum Lauschen. Meine Buchhändlerin des Vertrauens hatte mir die englischen Audiobücher der “The Rivers of London”-Reihe nahegelegt, also kaufte ich den ersten Band.

Hach! Sie hatte recht!

Mit Peter Grant und Thomas Nightingale nach London

Für alle, die keine Ahnung haben, worum es in der Reihe geht: Hauptfigur ist PC Peter Grant, der ohne große Aussichten auf eine Karriere bei der Metropolitan Police rumdümpelt, und eines Tages feststellt, dass Geister real sind. Und nicht nur Geister. Dabei läuft ihm der britischste Gentleman aller Gentlemen – Thomas Nightingale – über den Weg. Nightingale ist das letzte Überbleibsel der Abteilung für alles Magische und Seltsame, und ausgebildeter Magier. Peter beschließt, dass er Magie erlernen möchte, und muss bald feststellen, dass Geister das geringste Problem ist, das London hat.

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Vermutlich muss ich nochmal einen separaten Post darüber schreiben, was ich an der Reihe so liebe. Die Figuren und der Weltenbau sind einfach großartig, und ich liebe es, dass die Magie nicht wie sonst vor der Polizei geheim gehalten wird, sondern eine eigene Abteilung bildet. Auch wenn die – zunächst – nur aus zwei Personen besteht.

Akzente! Akzente, so weit das Auge reicht!

Aber zurück zum Hörbuch: Ben Aaronovitch stattet seine Romane mit Figuren aus, die genauso bunt und vielfältig sind wie London. Das bedeutet, dass es auch jede Menge verschiedene Akzente zu hören gibt, aber eben nur, wenn man sie hören kann. Ich habe spontan keine Assoziation im Ohr, wenn jemand mit einem “unterschwelligen schottischen Akzent” spricht, oder mit einem starken nigerianischen. Besonders, wenn es sich um Akzente handelt, die nicht aus der Muttersprache stammen kann es schwer sein, sich etwas darunter vorzustellen. Spontan was im Ohr zu haben.

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Auftritt Hörbuch und, in diesem Falle, Kobna Holdbrook-Smith, der die “Rivers of London”-Reihe spricht. Nicht nur, dass er ein ausgezeichneter Sprecher und Performer ist, dank ihm sind Figuren wie Mama Thames oder Abdul Haqq Walid für mich zum wirklich zum Leben erwacht, weil ich zum ersten Mal verstanden habe, wie sie klingen könnten. Das war ein unglaubliches Erlebnis und hat das Genre “Audiobuch” für mich nochmal interessanter gemacht.

You had my curiosity now you have my attention.

Kurzum, ich gebe Hörbüchern noch eine echte, zweite Chance. Vielleicht irgendwann sogar mit Büchern, die ich noch nicht kenne, aber erstmal zum Wiedersehen mit alten Freund*innen.

Lieber Walid, dein leichter schottischer Akzent ist wirklich ganz bezaubernd.

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